Fernweh – Einfach los
Als Frau allein auf Reisen
Unabhängig die Welt zu entdecken, keine Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse Mitreisender zu nehmen, nach Lust und Laune die Tage zu gestalten – das alles klingt verlockend.
Warst du schon mal alleine auf Reisen? Falls nein, will ich dir das jetzt ans Herz legen. Natürlich fährst du gerne mit deinem Partner, deiner Partnerin, den Kindern, Freunden und Verwandten in den Urlaub. Ich möchte dir jedoch eine Erfahrung vorschlagen, von der du und dein Umfeld sehr wohl Vorteile haben können. Im Besonderen geht es um dich.
Keine Kompromisse
Du bestimmst deinen Tag, du musst dich mit niemandem absprechen, deine Wünsche sind Programm und bleiben es für den ganzen Trip. Ob du heute gar nichts machen willst oder den Museumsmarathon im Auge hast, es ist deine Entscheidung – aber Achtung, auch deine Verantwortung.
Wunschkontakte knüpfen
Viele Menschen fürchten sich vor dem Alleinsein. Das ist Frau nicht gewöhnt, das möchte stets vermieden werden und gilt allgemein auch nicht gerade als »Erfolgszeichen«. Sich mit anderen zu umgeben, viele Kontakte zu haben, stets ein Teil von etwas zu sein, ist heute ganz wichtig geworden. Warum eigentlich?
Auf Reisen werden dir viele Menschen begegnen, die ebenfalls Anschluss suchen. Vor Vereinsamung brauchst du dich nicht zu fürchten. Wenn du deinerseits in einer Gruppe oder mit Freunden unterwegs bist, entwickeln viele die Tendenz, auch in eben dieser Gruppe zu bleiben. Alleine hast du eher das Bedürfnis Kontakt zu suchen und lässt dich auf Neues ein. Du kannst auf dich selbst hören und Dinge mit den Menschen unternehmen, die dich interessieren und die du ansprechend findest.
Ein Campingplatz eignet sich dafür hervorragend, weil du dort quasi in einer unbekannten Gruppe bist, du bist Teil von etwas ohne die anderen zu kennen. Sozusagen eine Hilfe beim Sprung ins kalte Wasser.
Lerne dich selbst kennen
Es ist eine Selbsterfahrung. Wenn du alleine unterwegs bist, wirst du zwangläufig mit dir in Kontakt treten. Jede Reise mit anderen, insbesondere mit denen, die du gut kennst, ist zu großen Teilen im Vorfeld schon »festgelegt«. Euer Programm ist bestimmt von dem besten Kompromiss zwischen deinen und deren Interessen. Viele Frauen in unserem Kulturkreis sind von ihrer Erziehung zu genau diesem Verhalten geführt worden, die Gruppe organisieren und Kompromisse finden. Männer können ganz anders gefördert oder erzogen worden sein. Keine Rücksicht zu nehmen kann für dich eine neue Erfahrung sein. Vielleicht sogar eine völlig Ungewohnte. Lerne, was für dich wichtig ist, und was du willst. Lerne das im Urlaub, weil es sich dort anbietet.
Sei egoistisch
Das darfst du jetzt. Dein (Frauen-) Programm ist seit Tausenden von Jahren so ausgelegt, dass du für Gruppen denkst und deren Strukturen organisierst. Mache da ruhig mal Urlaub von. Organisiere dich und nur dich selbst, lasse dich mit Frage- und Problemstellungen konfrontieren, die zu Hause von deinem Partner gelöst werden, eben weil du ja eine Frau bist. Löse deine Probleme im Alleingang, erlebe dich und deine Kompetenzen neu. Dies hilft dir nicht nur vor Ort, das wird dir überall im Leben weiterhelfen.
Neue Offenheit
Deine Eindrücke und Erlebnisse mit dir selbst machen dich bestimmt empfänglicher für alles Fremde. Jetzt bist es eben du, die bestimmt, entscheidet und macht. Losgelöst von kollektiven Einstellungen, hast du es jetzt nur noch mit dir und deinen Wünschen oder Bedürfnissen zu tun. Ganz oft führt das zwangsläufig zu mehr Selbstvertrauen und einer offeneren Haltung gegenüber neuen Erlebnissen.
Fange besser klein an
Für den ersten Trip möchte ich dir keine mehrmonatige Weltreise ans Herz legen. Die will ich dir auch nicht ausreden, aber wenn du dir das zutraust, dann brauchst du diesen Text nicht.
Ein Städtetrip, vielleicht in eine europäische Metropole, deren Sprache du einigermaßen beherrschst, könnte ein gelungener Start sein. Nimm dir nicht zu viel vor, eine neue Erfahrung ist eine neue Erfahrung und nicht immer ist das gleich angenehm. Deshalb besser klein anfangen und gute Erfahrungen zukünftig ausbauen. Oder nimm dir euren Camper und fahre einfach los. Auf Campingplätzen findest du viele Gleichgesinnte, Urlauber in Entdeckerstimmung, und du kommst meist völlig ungezwungen in Kontakt und Gespräch.
Je nachdem, was du dir wünschst, ist aber Aktivität gefragt. Solltest du dich in deinem Camper vergraben und der Erfahrung aus dem Wege gehen, dann erlebst du dich nicht. Und wenn das nicht auf Anhieb klappt, dann buche Städtetrips, Wandertouren oder andere Erlebnisse in (unbekannten) Gruppen, so kommst du zwangsläufig mit neuen Menschen zusammen.
Sicherheit
Ich möchte dich nicht ängstigen, ganz im Gegenteil, ich möchte dich dazu animieren, neue Erfahrungen zu machen. Und ich möchte auch, dass du unvoreingenommen und genussvoll reisen kannst. Aber ich bin selbst eine Frau und so verträumt, dass wir mögliche Gefahren vollständig ausblenden, müssen wir beide nicht sein.
Opfer von Kriminalität können wir alle überall werden. Das ist real. Frauen können zudem Ziele von Übergriffen werden, »nur« weil sie eine Frau sind. Mit klarem Verstand und offenen Augen kannst du problematischen Situationen aus dem Weg gehen oder deren Entstehen im Vorfeld verhindern.
Eine Spur hinterlassen
Reist du alleine, solltest du immer jemanden darüber informieren, wohin es als nächstes geht, was deine Pläne sind und wann du am Zielort sein möchtest. So gibt es im Falle, dass doch mal etwas auf der Reise passieren sollte, konkrete Ansatzpunkte.
Bauchgefühl
Höre auf deinen Instinkt. Wenn die Gegend, die Kneipe oder das Viertel dir nicht sympathisch vorkommen, dann wird es dafür Ursachen geben. Es gibt überhaupt keinen Grund, deinen Gefühlen nicht zu vertrauen. Suche dir eine andere Kneipe und wechsle das Viertel, wenn du dich irgendwo richtig wohlfühlst, dann bist du am ehesten im Einklang mit deinen Gefühlen.
Vernunft
Du bist zwar im Urlaub, aber du trägst Verantwortung für dich selbst. Solltest du in deiner Heimatstadt aus Gründen der Vorsicht nachts nicht alleine durch dunkle Gassen laufen, dann ist das in einem fremden Land, in einer fremden Gegend erst recht keine gute Idee. Wenn du spät noch unterwegs bist, dann bewege dich auf beleuchteten Wegen und meide einsame Plätze.
Normalerweise sind überall Menschen unterwegs, suche die Nähe zu gemischten Gruppen und halte Sichtkontakt zu diesen. Wenn du auf einem Campingplatz bist, kannst du dich für die Wege mit anderen Campern verabreden, du gehst zwar alleine aus, aber für die An- und Abreise kannst du dir Begleitung oder eine Mitfahrgelegenheit suchen.
In Gesprächen mit anderen Camperinnen kannst du dir deren Empfehlungen anhören, dir Ausgehtipps holen. Und vielleicht kennen die sogar Locations, von denen sie dir abraten.
Auftreten
Man kann eine ganze Menge über das typische Opfer und dessen Ausstrahlung lesen. Vieles spricht dafür, dass das klassische Opfer wenig selbstsicher wirkt und für den Angreifer ein kalkulierbar geringes Risiko darstellt. Je selbstbewusster du auftrittst, je eher du so wirkst, als wüsstest du genau, was du willst, desto größer schätzt der potenzielle Gangster das Risiko ein. Selbstsicherheit bedeutet nicht, lautstark unsicher zu wirken, sondern in seinen Ansichten und Handlungen auf ein Fundament bauen zu können.
Manchmal kann es klüger sein, wenn du nicht so viel lächelst. Das ungezwungene Gespräch, tagsüber auf dem Campingplatz, gehört zu den schönsten Seiten des Urlaubs. Aber du musst nicht unbedingt jedem, der dir nachts alleine begegnet, deine Schokoladenseite präsentieren.
Ein neutraler Gesichtsausdruck und eine kurz angebundene Reaktion auf ungewollte Ansprache ist auch noch keine zur Schau gestellte Ablehnung. Lass dich nicht in irgendwelche Gespräche verwickeln, gehe zielgerichtet und (selbst-) bestimmt deiner Wege. Du musst niemandem irgendwas erklären und schon gar nicht, ob du einen Freund hast oder nicht. Und wenn das doch geschieht, dann hast du einen Mann, der gerade auf das Baby aufpasst. Stichwort selbstbewusstes Auftreten.
Kleidung
Blödes Thema, natürlich will ich dir nicht davon abraten, zu tragen, was du möchtest. Besonders aufreizende Kleidung kann aber durchaus als Einladung missverstanden werden. Zudem, und das ist sicherlich sehr real, gibt es in vielen Kulturkreisen ein Frauenbild, welches eher von Verhüllung geprägt ist. An die Gepflogenheiten deines Urlaubszieles solltest du dich anpassen, sowieso schon aus Gründen des Respektes und des Umgangs, ganz besonders aber, wenn du alleine unterwegs bist.
Ein sinnvolles Accessoire kann zudem ein »Ehering« sein. Wir greifen jetzt hier ein bisschen in die Trickkiste, aber das ist doch ganz okay. Sicherheit geht vor, und wenn du nicht gerade auf der Suche nach Anschluss bist, kann dir das eigentlich völlig egal sein.
Kontrollverlust
Wer noch niemals einen Rausch gehabt … Wenn du allerdings ganz alleine unterwegs bist, ist Kontrolle über dich selbst sehr wohl ratsam. Alleine zu Reisen ist wunderbar, aber womöglich der falsche Moment für Exzesse. Die kluge Frau kommt auf ihren Füßen alleine nach Hause. Und wenn du gerne mal »richtig« feierst, dann bietet sich vielleicht der Campingplatz, die vertraute Umgebung an. Und womöglich sind dann die Nachbarn die bessere Gesellschaft.
Das solltest du schon wissen, aber für Frauen ist es eigentlich immer angebracht, das eigene Getränk im Auge zu behalten. Wenn du viel tanzt, dann trinke in den Pausen und leere dein Glas, bevor du wieder losziehst, oder verzichte auf den restlichen Inhalt.
Bewaffnung
Ein klares Nein. Jede Waffe ist nur so gut oder schlecht, wie der Mensch, der sie benutzt. Und wenn du eine auspackst, dann musst dich damit auskennen und bereit sein, sie ohne zu zögern rücksichtslos und zu deinem maximalen Nutzen einzusetzen. Ganz ehrlich, so bist du nicht, sonst würdest du das nicht lesen. Lass lieber die Finger davon.
Was ich aber jeder Frau und jedem jungen Mädchen raten würde, gänzlich ohne Abstriche, ist eine Kampfsportart oder ein Sport, der daran angelehnt ist. Die Auswahl ist riesig. Sport ist gut und gesund, gibt dir ein positives Verhältnis zu deinem Körper, macht dich fit und selbstbewusst. Du sollst keine Leute verprügeln, aber wenn man sich seiner Haut erwehren kann, dann eskalieren viele Situationen erst gar nicht.